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Love-Story zum Muttertag
Leonie, 24 - 1.33m groß, blonde Haare und ein geflochtener Zopf im Nacken – Holger, der erste Freund, den ich meiner Mutter vorgestellt habe. Er war meine große Kindergartenliebe und vielleicht ja der Grund für mein heutiges Beziehungs- bzw. nicht-Beziehungsdilemma. Nachdem ich ihn für Julius, der brünett und ein richtiger Rabauke war, sitzen lassen habe, war meine Mama sehr enttäuscht – sie hat Holger auf meinem vierten Geburtstag sehr ins Herz geschlossen.
20 Jahre, fünf gescheiterte Beziehungen, zig Horror-Dates und zwei Affären später sitze ich vor dem Schlamassel. Irgendwann hatte ich aufgehört, die Männer meiner Mutter vorzustellen und mir den Kopf darüber zerbrochen, ob Holger vielleicht doch der Richtige war. Aber der Zug ist abgefahren.
Und dabei will ich nicht mal viel: Treue, Verständnis, Fürsorge, einen sportlichen Körper, auf Händen getragen werden, einen Mann der kochen kann und viel Humor hat. So wie jede Frau halt, so schwer kann das ja nicht sein. Dachte ich. Das Leben hat mich eindrucksvoll eines Besseren belehrt.
Seit Anfang April bin ich bei der Slow-Dating-App „Once“ angemeldet, bei der mir pro Tag nur ausgewählte Matches vorgeschlagen werden, anstatt zig beliebige Männer. Vielleicht treffe ich ja hier den einen, der all meine Wünsche verkörpert. Dann hörte ich von dem Muttertagsspecial, bei dem Mama mit meinem persönlichen Matchmaker in Kontakt tritt – keine Frage, die war natürlich sofort dabei. Und auch ich musste bei meiner Dating-Partner-Wahl dringend was ändern.
Tag X ist also gekommen, am Ende meiner Kreativität, lasse ich jetzt meine Mutter ans Dating-Steuer. Mama – du machst das schon für mich. Den Gedanken des gesellschaftlichen Hohns bei dieser Aussage dränge ich einfach mal in den Hintergrund – was tut man nicht alles, um endlich die große Liebe zu finden? Ich hatte also den Muttertag als Tag X auserkoren. Auf die Idee hat mich Once mit seinem Muttertagsspecial gebracht. Meine Mama kann mit meinem persönlichen Matchmaker Kontakt aufnehmen und organisiert mit diesen gemeinsam ein Match für mich. Welche Mutter hätte nicht gerne ein Mitspracherecht bei der Partnerwahl ihrer Tochter? Also habe ich gleich das passende MuttertagsGeschenk in der Hinterhand, zwei Fliegen mit einer Klappe. Zurücklehnen und Abwarten lautete also die Devise für mich.
Nach meinen zum Teil fatalen Dates bin ich auf alles gefasst und mit Erfahrungen bewaffnet. Da war zum Beispiel Marc, mit dem mich eine Kommilitonin verkuppeln wollte - wirklich gut trainiert, aber gesprächsmäßig war zwischen uns totale Flaute. Meiner Meinung nach das schlimmste aller Horror-Date
Szenarien. Sogar noch schlimmer als John, der zwar toll aussah, aber für meinen Geschmack immer ein wenig zu sehr in meine Comfortzone eindrang. Auf Platz 3 meiner schlimmsten Dates entstand einfach so 0,0 Sympathie, ich denke auf beiden Seiten: Tut mir leid, Chris, dein gutes Aussehen konnte leider nicht über deinen fanatischen Fokus auf American Football hinwegtäuschen.
Aber egal, wie viele Männer ich gedatet habe, sie alle hatten Eines gemeinsam: Sie verkörperten das Klischee eines (körperlich) starken Mannes. Vielleicht war das der Knackpunkt. Ich ließ mich jedes Mal von dieser Aura, die Schutz und zugleich Sinnlichkeit versprach – zumindest auf den Bildern – und jede Frau dahinschmelzen ließ, zu einem neuen Versuch verleiten. Also war es an der Zeit für eine neue Dating-App und zugleich eine neue Perspektive! Und das mithilfe der Person, die mich am besten kennt: meiner Mama.
Das Muttertagsspecial rückte immer näher und ich kam nicht umhin, doch noch einen letzten Rest ungeahnter Hoffnung hervorzukramen. Schließlich ist das Vertrauen in die Mutter ja ein Urvertrauen, das biologisch veranlagt ist. Mama wird schon wissen, was sie da tut. Und so startete unser ganz persönliches Experiment mit meinem Once-Amor.
Meine Mama bekam meine Login-Daten, um von ihrem PC aus Kontakt zu meiner persönlichen Matchmakerin aufzunehmen – ganz klar, im heutigen Zeitalter kann ich nicht mal eben ein paar Stunden oder gar einige Tage auf mein Handy verzichten. Ein sehr passender Start, denn ganz à la Amor hat der Button für den persönlichen Matchmaker niedliche Flügel. Die Dame beziehungsweise meine persönliche Matchmakerin hieß Giselle, eine sehr sympathisch wirkende Frau mittleren Alters mit Brille und OnceKrone auf dem Kopf. Ihr ruhiger Blick hat sowohl mich als auch meine Mama beruhigt – zusammen werden die beiden schon jemand tolles für mich finden, jemanden der weg von meinem festgefahrenen Typ-Mann toll zu mir passen könnte. Dann war ich raus und meine Mama konnte loslegen...
Sabine, 52 - Ich freue mich, dass Leonie und ich an diesem Experiment teilnehmen und sie mich dabei helfen lässt, einen tollen Partner für sie zu finden. Die Giselle von Once scheint in etwa in meinem Alter zu sein, vielleicht ein bisschen jünger. Ich war schon ganz schön nervös. Ich bin noch nie mit „Online-Dating“ in Berührung gekommen, bei uns wurden früher noch Liebesbriefe in den Briefkasten des heimlichen Verehrers geworfen. Außerdem bin ich seit 23 Jahren verheiratet. Alles war also neu für mich und derartige „Chats“ kenne ich eigentlich nur von Facebook oder WhatsApp. Giselle wurde von Leonie in das Once-Muttertags-Experiment eingeweiht und hat uns vorab schon geraten hellere Profilbilder, die Leonies Gesicht besser zeigen, einzustellen. Dann habe ich Giselle erstmal gefragt, welche Art von Vorstellungen ich ihr sagen kann. Ihre Antwort: Alle. Ich sollte ihr erstmal so viele Wünsche wie möglich schicken und möglichst genau beschreiben, welche Eigenschaften ich mir für meinen potenziell zukünftigen Schwiegersohn vorstelle:
Das allerwichtigste war mir ein sympathisches, offenes und lächelndes Gesicht. Dabei war es mir nicht wichtig, ob jemand muskulös ist oder nicht. Solang er eine recht schlanke Figur hat, damit Leonies Grundgeschmack an Attraktivität erfüllt ist, wurde kein junger Mann von mir ausgeschlossen. Dann war mir wichtig, dass er viel unternimmt, vorallem draußen in der Natur, denn Leonie ist auf dem Land aufgewachsen. Ich weiß, wie gern sie Sachen an der frischen Luft unternimmt und ein
bisschen mehr Bewegung hat noch nie jemanden geschadet. Am besten Dinge wie Wandern, Klettern oder Kanu fahren. Leonie liebt auch Reisen sehr. Sie spart jedes Jahr für Reisen in neue Länder, anstatt wie andere Mädchen in ihrem Alter, ihr Geld für Kleidung oder Schminke auszugeben. Giselle hatte mir zuvor gesagt, dass sie solche Dinge anhand der Profile der jungen Männer herausfinden kann. Ich weiß, dass meine Tochter tendenziell immer eher den dunklen Typ Mann auswählt. Braune Augen, dunkle Haare. Ich mag zwar lieber blonde Haare bei Männern, aber ich wollte mich und Giselle gar nicht festlegen, denn charakterliches Übereinstimmen war mir wichtiger. Leonie hatte bisher eher gleichaltrige Männer (eher noch Jungs) getroffen. Meiner Meinung nach ist sie aber schon recht reif für ihr Alter, daher habe ich Giselle gebeten, nach Männern zwischen 26 und 29 Jahren zu suchen. Und dann ließ ich sie ihres Amtes walten.
Heraus kam ein Match, das mich begeisterte: Felix, 28 Jahre, dunkelblond, groß, ein tolles Lächeln und laut seiner Bilder ein Mann, der gerne und viel draußen unterwegs ist und schon viel von dieser Welt gesehen hat. Außerdem hatte er einen Hund auf einem Bild. Ich selbst liebe Hunde und auch wenn Leonie das ins Lächerliche zieht, sehe ich sie bei Männern als ein Zeichen für Bereitschaft zu ernsten Bindungen. Ich konnte es kaum erwarten, dass Leonie wieder übernimmt und (meinen auserwählten) Felix nach einem Treffen fragt. Aber da lag ich falsch, denn er selbst schrieb sofort, dass er sie auf ihren Fotos extrem sympathisch fände und das „chatten“ gerne überspringen würde, um sie persönlich kennenzulernen. Da habe ich gleich gedacht, ich habe wohl den Treffer gelandet mit dem Felix.
Leonie, 24 -Felix, 28 – das war er nun also, der Traumkandidat meiner Mutter, der mich sofort treffen wollte. Ich wollte mich natürlich komplett auf dieses Experiment einlassen und habe daher zugestimmt. Er schlug vor sich zum Frühlingsbeginn und bei dem tollen Wetter im Stadtpark-Café zu treffen, „falls ich aber keinen Kaffee mag, würde er sich natürlich eine Alternative überlegen“ – Initiative ergreifen-Check, zuvorkommend sein-Check. Wir trafen uns also am darauffolgenden Samstag am verabredeten
Treffpunkt, denn ja ein Kaffee geht bei mir immer! Ich war schon super aufgeregt und sogar recht hoffnungsvoll, da mein eigenes Schema zuvor erfolglos war.
Da stand er nun also und wartete schon auf mich. Super offen und doch mit der für mich nötigen Distanz eines NOCH fremden Menschen begrüßte er mich. Er war nicht sehr muskulös, fast ein bisschen zu schlank für meinen Geschmack, außerdem blond (gar nicht meins) und hatte einen sehr anderen Klamotten-Stil als ich ihn gewohnt war. Ich weihte ihn direkt ein in unser kleines Experiment, was die Stimmung sogar löste. Ich hatte das Gefühl Felix und ich waren trotz der „äußerlichen Diskrepanzen“ auf einer Wellenlänge. Es gab so viel Gesprächsstoff, dass das peinliche Schweigen schnell überwunden war. Wir konnten viel über Reisen reden, die wir schon erlebt haben und über solche, die wir gerne noch unternehmen möchten. Er wirkte total weltoffen und schien genau zu wissen, was er sich im Leben erhofft. Am Ende des Dates hatte ich meine anfänglichen Zweifel zu seinem Äußeren schon fast vergessen. Es ist keine Liebe auf den ersten Blick, aber auf jeden Fall ein zweites Date und besseres Kennenlernen wert. Beim zweiten Date ging es ganz klischeehaft ins Kino mit Restaurantbesuch im Anschluss. Ganz gentlemanlike hat er mich eingeladen. Ich muss sagen, ich habe mich doch sehr wohl gefühlt mit Felix und wir konnten viel zusammen lachen – auch über uns selbst. Zu viele Details über Felix möchte ich an dieser Stelle jedoch nicht Preis geben und es gibt auch noch einiges, was ich selbst bei weiteren Treffen erst über ihn rausfinden will. Und dass wir uns wiedersehen, das steht fest, Gott sei Dank für beide Seiten.
Wie es weitergeht wird sich zeigen, aber bis hierher kann ich nur sagen: Danke Mama, Danke Giselle! Ihr habt mein festgefahrenes Schema aufgelöst und einen vielversprechenden Mann in mein Leben gebracht.